Chronik der laufenden Entgleisungen

Chronik der laufenden Entgleisungen

von Thomas Köck

Bühnenfassung von Alexander Weise, mit einem Pro- und Epilog von Thomas Köck / Deutsche Erstaufführung

 

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„Gestern wieder gedacht, das war jetzt wieder so eine erschöpfende, dumme Idee, ein Jahr lang dem zunehmenden Eskalieren der Töne zuzuhören und den Zusammenhängen nachzuspüren – ich bin schon völlig fertig davon. Ich könnte tausend andere Sachen machen, andere Texte schreiben, ich weiß wirklich nicht, was mich da geritten hat, aber jetzt komme ich da auch nicht mehr raus.“

 

Als der Autor Thomas Köck beauftragt wurde, ein Jahr österreichischer Innenpolitik, das Jahr vor den Nationalratswahlen 2024, schreibend zu begleiten, ahnte er nicht, dass er von den politischen Eskalationen nachgerade überrollt und die FPÖ am Ende erstmals stärkste Kraft bei einer Wahl werden würde.

 

Aus der Perspektive eines Kinds der Arbeiterklasse blickt Köck auf den immer weiter um sich greifenden Rechtspopulismus in Österreich und Deutschland, auf die Verschärfung des Tons und die alltäglichen politischen Entgleisungen: Welche Rolle spielen der Verlust der Arbeiterschaft, der Druck des Neoliberalismus auf das Individuum und die höhere Moral bürgerlicher Werte dabei? Und was erzählt das über unsere zunehmend brüchige Realität, die wir uns, aufgerieben zwischen Kriegen, Konflikten, Fake News und Disruption, jeden Tag aufs Neue zusammensetzen müssen?

 

Thesen, Bilder, Sprache und Metaphern, repetitiv angewandt und allgegenwärtig, verschieben langsam aber stetig die Grenzen des Sagbaren und gipfeln in verbalen Verfehlungen, die bis vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wären. „Jede Diktatur ändert zuerst ihre Sprache, dann ihre Architektur.“ Und zwar vor dem Handeln, damit alle freiwillig mitmachen, wenn es geschieht.

 

Können wir durch eine Sensibilisierung der eigenen Wahrnehmung zu einem Gegenentwurf gelangen? Finden wir Mittel und Wege, die Mechanismen dieser gesellschaftlich-politischen Entzündungen zu erkennen und ihnen Paroli zu bieten? Fünf Schauspieler:innen begeben sich mit Köcks „Chronik“ auf die Suche – humorvoll, ironisch, scharfzüngig, verzweifelt aber auch hoffnungsvoll.


Regie Alexander Weise Bühne Thomas Flach Kostüme Cornelia Petz Licht Hans-Peter Boden Ton/Video Martin Hermann Musik Michael Zlanabitnig Dramaturgie Katharina Schöfl Regieassistenz Mehrnoosh Matin Regiehospitanz Emily Rank Bühnenmalerei Mark Reindl Mitarbeit Bühnenmalerei Renata Messing Bühnenbau Alex Ketterer

 

Mit Harald Horvath, Victoria Mayer, Sophie Rogall, Hubert Schedlbauer, Luca Skupin


Vorstellungsdauer ca. 1 Std. 50 Min. (keine Pause)


“Mit der analytischen Schärfe eines Politologen und der sprachlichen Finesse eines Dramatikers verwandelt Köck politische Diagnose in Kunst. So wird aus Analyse Theater – und man hört zu, weil einen die Härte des Gesagten direkt und persönlich betrifft. (…) Diese Direktheit bleibt nicht theoretisch oder kühl. In der Bühnenfassung von Regisseur Alexander Weise reflektieren die Figuren in monologhaften Aneinanderreihungen die politischen Entwicklungen und ihr eigenes Innenleben. (…) Jede Rolle hat ihre eigene Art, mit den Ereignissen umzugehen. Genau hier liegt die Stärke [der Schauspieler:innen]. Jede ihrer Bewegungen erzählt von Angst, Wut oder Frustration. Ihre Stimmen tragen die politischen Analysen, die persönlichen Geschichten und die Reflexionen gleichermaßen – scharf, direkt, unmissverständlich. […} Theater, das zum Hinsehen, Mitfühlen und Nachdenken zwingt. Zeitgenössischer, unmittelbarer und dringlicher als in „Chronik der laufenden Entgleisungen“ geht es kaum.” (Süddeutsche Zeitung)

 

"Nun hat der Regisseur Alexander Weise den Text am Metropoltheater inszeniert, hat ihn verdichtet. (…) Wie die Schauspieler da zusammenrücken auf ihrem Sockel, die Beine hochziehen, um nicht vom kreisenden Zeiger der Zeit getroffen zu werden, ist ein starkes Bild für die Hilflosigkeit, mit der wir alle eine Entwicklung beobachten, die Angst macht und hilflos.  Natürlich wäre es „toll, wenn man die Zeit, in die hinein man geboren wurde, wieder verlassen könnte, einfach so, nachdem man sich umgesehen hat und alles so gecheckt hat“. Wenn man gecheckt hat, dass das hier nichts wird mit der guten Party. Aber das geht nicht. Wir müssen da durch. Alle. Was aber vielleicht doch geht, und da lässt Köck dann doch einen Hauch Optimismus zu in seinem Epilog, ist: sich dieser Zeit aktiv entgegenstellen und sie herumdrehen, auch wenns aussichtslos erscheint.“ (Abendzeitung)

 

“Der Verfasser hat die differenzierte gesellschaftspolitische Gemengelage manchmal nur in überspitzten Aphorismen und effektvollen Sentenzen tagebuchähnlich notiert. Sie sind auf fünf hervorragende Darsteller und Darstellerinnen verteilt, die ihre Texte meist chorisch sprechen, aber auch Platz bekommen für Solo-Monologe. (…) Die Schauspieler hauen dem Publikum harte Fakten und erschreckende Zahlen um die Ohren, darunter die, dass nur ein Arbeiterkind von hundert bis zur Promotion kommt. Doch der kollektive Appell ist formal streng strukturiert, nicht etwa chaotisch, sondern präzise choreografiert zu immer neuen, überraschenden Körper-Formationen.” (Donaukurier)

 

"Textflächen à la Jelinek rattern vorbei, die, bevor sie einen vollends erschlagen, von autobiografisch eingefärbten Passagen des Autors sprachlich aufgebrochen werden. Immer, wenn es um die körperlich schwer arbeitende Klasse geht, entstehen kraftvolle Sprachbilder (…) Fünf Schauspieler in Grau deklamieren, was das Zeug hält, eindrücklich bewegen sie sich im Kreis, sie können nicht anders. Der Uhrzeiger am Podest läuft mit, nur in der Mitte ein rundes Podest, auf dem sie sich mehr ver- als unterhaken. Mit vielen Fragen an die (zuschauenden) Bürger. Das macht diesen Abend unerwartet spannend. Geschichte wiederholt sich – doch? Muss sie nicht, wenn man die Wahl hat. Statt sich permanent weiter der medialen Verwirrung auszusetzen, reichen dazu diese zwei anschaulichen Stunden im Theater: "Es macht auch schon Sinn, Kunst und alles. Gerade hier, gerade jetzt." (Sonntagsblatt)


Produktion und Veranstalter: GbR Schöfl u.a. “Chronik der laufenden Entgleisungen”

Aufführungsrechte: Suhrkamp Verlag AG, Berlin

 

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Mi 19.11.2025,  19:30 Uhr 

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