I Furiosi - Die Wütenden

I Furiosi - Die Wütenden

nach dem Roman von Nanni Balestrini

Textfassung von Silvia Stolz und Jochen Schölch

 

 

"Gewinne für uns, magischer Milan magischer Milan magischer Milan", dröhnt es aus dem Halbrund des Fußballstadions. Die Fans feuern mit Chören, Fahnen, Transparenten, Fackeln, Trommeln ihren Verein an: den AC Mailand. Ein gewaltiges, betörendes Schauspiel, das sich in der Kurve abspielt. Unter den Fans auch die Rotschwarzen Brigaden. Während es der Mannschaft auf dem Feld um sportlichen Sieg geht, verlagern sie den Schauplatz auf ein Außerhalb des Stadions.

Nach der regulären Spielzeit geht es um ihren Sieg über den gegnerischen Club. Ihre Waffe heißt Gewalt. Als Krieger ihres Clubs ziehen die Hooligans im Kollektiv von Stadion zu Stadion. Einer Odyssee gleichen die Fahrten in überfüllten Sonderzügen und maroden Bussen, wo im Drogenexzess der nächsten Schlägerei entgegengefiebert wird.

 

Der italienische Schriftsteller Nanni Balestrini macht aus seinem Roman "I Furiosi" eine poetische Prosa. Ohne Punkt und Komma geschrieben, verfasst er Gesänge, die formal den Werken Homers nachempfunden sind. Als neue und andere Helden lässt er die Fußballfans aus den Vorstädten Mailands zu Wort kommen. Er zeichnet ein Bild von Jugendkultur, die nicht unabhängig bleibt von der linken Geschichte Italiens.

 

Nur scheinbar geht es den Rotschwarzen Brigaden um mehr: Sie sprechen von Demos, Fabrikbesetzungen und politischen Diskussionen. Ihr Ziel jedoch bleibt der Rausch durch eine Gewalt, die gerade deswegen reizvoll ist, da sie kein Ziel in sich trägt. Eine Niederlage außerhalb des Stadions kann und wird es selbst im zweifelhaftesten Sieg nicht geben denn: "Wir siegen, wir siegen, wir siegen, denn unser Milan ist stark."


Regie Jochen Schölch Bühne Hannes Neumaier Kostüm Christl Wein Licht Benjamin Schmidt Musikalische Leitung Christoph Weber Dramaturgie Silvia Stolz

 

Mit Christian Baumann, Raffaele Bonazza, Sven Hussock, Felix Kuhn, Klaus Meile, Philipp Moschitz, Tristan Seith, Pablo Sprungala, Atef Vogel


Premiere 16.03.2006

Dernière 27.01.2008


"In seiner fesselnden, hochintelligenten Inszenierung macht Jochen Schölch die Formation einer Gruppe aus Individuen, Macht, Magie und Mythos des großen Wir deutlich. (...) Wenn die Brigaden die Hymne des FC Liverpool-Walk onanstimmen, ist man tatsächlich berührt. Und wenn Bubo, „das Monster“, der eben ein altes Paar köpfen wollte, auf dem fahrbaren Gitterrund hereinrast, dann dreht es einem schlicht den Magen um. (...) Den Schauspielern gelingt ausnahmslos die Kunst, völlig natürlich zu wirken, eine perfekte Ensembleleistung. Mit dieser Inszenierung bekräftigt das Metropoltheater seine Ausnahmestellung in der freien Szene.“ (Süddeutsche Zeitung)

 

"Nichts ist so piepegal wie die Frage, ob Sie Fußball mögen. Theater müssen Sie mögen, und das kann handeln, von was es will - bei der Kunst kommt es nicht auf den Stoff, sondern auf die Machart an. Die hat bei Jochen Schölch an seinem Metropoltheater große Klasse. (...) Viel Grausamkeit, viel Humor und viel Zartheit sind zu entdecken.“ (tz)

 

"Und was er rüberbringen will, bringt er rüber: Die Fan-Gemeinschaft als anonyme, aber hierarchisierte Masse gewährt Schutz, fördert das Selbstwertgefühl, enthemmt zur Testosteron-Entladung, in der die Gewalttat sich zur Lust verselbständigt. Balestrini/Schölch liefern keine Lösungen, aber weisen auf ein brisantes, sozio-kulturelles Phänomen hin, neben dem die Kommerzialisierung des Fußballsports fast harmlos erscheint.“ (Münchner Merkur)

 

"In ausgezeichneter künstlerischer Umsetzung wurden die Themen Fußball und Erscheinungsformen der Gewalt von Jochen Schölch auf die Bühne des Metropoltheaters gebracht. In dem sehens- und erlebenswerten Spektakel 'I Furiosi - Die Wütenden' nach dem Roman von Nanni Balestrini findet "Mann" sich wieder. (...) in der Länge eines Fußballspiels (incl. Pause), eine Stunde und fünfundvierzig Minuten, ging es in einer authentischen Umsetzung um Gewalt und die damit verbundene Faszination, perfekt choreographiert und mit hoher Präzision vorgetragen.“ (theaterkritiken.com)


Eine Koproduktion mit der Theaterakademie August Everding/Hochschule für Musik und Theater München

 

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